(Bild: Leonie Soltek)

Leonie hat bis Sommer 2019 Angewandte Geowissenschaften in Aachen studiert. Besonders begeistert hat sie dabei die Verbindung zwischen der Geologie und dem Bauingenieurwesen, sodass sie sich entschied, für den Doktor ans Institut „Geotechnik im Bauwesen“ der RWTH Aachen zu wechseln. Für mehr Infos zu ihr und für die Kontaktaufnahme schaut auf ihrem LinkedIn Profil vorbei.

 


Wie eine Geologin zum Ingenieurwesen kam

Die Natur mit all ihrer Schönheit und Vielfalt hat mich schon immer total begeistert und beeindruckt. Um zu verstehen, warum unsere Erde genauso aussieht wie sie es tut, begann ich Geologie zu studieren. Wenn immer ich jetzt draußen unterwegs bin, sehe ich die Welt mit anderen Augen und meine Freunde und Familie müssen sich häufig kürzere oder längere Ausflüge in die Geologie anhören.

Da die Erde aber schon lange nicht mehr einfach nur Natur ist, finde ich es besonders wichtig, nicht nur zu wissen warum unsere Welt ist wie sie ist, sondern auch wie können wir Menschen sicher und gut darauf leben. Und genau dafür braucht es die Verbindung der Geologie mit anderen Wissenschaften. Ich habe für mich das Ingenieurwesen dafür ausgewählt.

Hangrutschungen

In meiner Masterarbeit habe ich mich mit einem Thema genau aus diesem Schnittstellenbereich beschäftigt, und zwar mit Hangrutschungen. Hangrutschungen sind eine große Gefahr für uns Menschen, wenn sie in besiedelten Gebieten auftreten. Da erstens die Häufigkeit von Hangrutschungen als Folge des Klimawandels zunimmt (zum Beispiel durch vermehrte Starkregenereignisse) und die Menschheit immer weiter in bisher unbesiedelte Regionen vordringt, ist es wichtig zu verstehen wann, wo und warum sie auftreten.

Die Müsli Analogie

Wasser spielt im Zusammenhang mit Hangrutschungen eine wichtige Rolle, da durch den Wasserdruck der innere Zusammenhalt des Bodens vermindert wird. Man kann sich das in etwa so vorstellen: wenn ich in meine Müslischüssel erst das Müsli fülle, liegt es dort in einer gewissen Anordnung. Wenn ich dann Milch dazugeben, füllt diese zunächst die Lücken – alles bestens und stabil. Dann gibt es den Punkt an dem so viel Milch in meiner Schale ist, dass die einzelnen Haferflocken anfangen aufzuschwimmen und dann war‘s das mit der Anordnung. Ähnlich kann das im Boden ablaufen. Wenn der Wasserdruck erhöht wird (entweder durch mehr Wasser wie beim Müsli oder durch mehr Auflast), kann sich der Boden verflüssigen. Wenn dieser dann nicht schön eingebettet in der Müslischale ist, sondern sich in einer Hanglage befindet, wird dieser der Schwerkraft folgend Richtung Tal rutschen.

Die Rolle von Auflast

Wir stellen uns also vor, wir haben eine Bodenschicht mit recht viel Wasser, die aber noch stabil ist und sicher am Hang steht. Jetzt gibt es oberhalb davon einen Bruch im Boden oder Fels, sodass plötzlich Boden oder Gesteinsmaterial von oben auf unsere wasserreiche Schicht fällt oder rutscht. Dadurch erhöht sich der Wasserdruck in dieser Schicht und der Boden verflüssigt sich. Um diesen Ablauf besser zu verstehen und um zu überprüfen, ob dies tatsächlich der Grund ist warum im Tal häufig viel mehr Material ankommt als an der ursprünglichen Bruchstelle abgebrochen ist, habe ich in meiner Masterarbeit einen Versuchsaufbau entwickelt.

Vom Feld ins Labor

Prinzipskizze – Vom Feld ins Labor (Bild: Leonie Soltek)

Dieser Versuchsaufbau, realisiert durch eine Plexiglasbox repräsentiert eine Bodensäule innerhalb eines Hangrutsches. In dieser Plexiglasbox wird dann zunächst die wasserreiche Bodenschicht eingefüllt. Während der Wasserdruck innerhalb dieses Bodens kontinuierlich gemessen wird, wird Gesteins- bzw. Bodenmaterial in die Säule fallen gelassen. Die Messungen des Wasserdrucks geben dann einen Aufschluss darüber, ob sich der Boden verflüssigt und wie lange ein erhöhter Wasserdruck im Boden bestehen bleibt. Der zweite Aspekt ist interessant, da meist mehrere „Schübe“ von fallendem oder fließendem Bodenmaterial den Hang hinabstürzen oder -fließen.

Um auch zu erforschen in welcher Tiefe die Gefahr der Verflüssigung besonders hoch ist, sind die Wasserdruck Sensoren in unterschiedlichen Höhen angebracht. Die ersten Versuche, zeigten, dass das Konzept stimmig ist und die Messungen sinnvoll sind, sodass auch erste Erkenntnisse gewonnen werden konnten.

Fotoreihe zum Versuchsablauf (Bild: Leonie Soltek)

Wie geht es weiter?

Mit dem Versuchsaufbau sollen in der Zukunft viele Versuchsreihen durchgeführt werden bei denen die Rahmenbedingungen variiert werden. Das Ziel ist es damit einen kleinen Beitrag zum Verständnis von Hangrutschungen leisten zu können. Denn erst aus ganz vielen Mosaikstückchen von Erkenntnissen kann das Große und Ganze verstanden werden. Das Verstehen ist wichtig, damit wir Menschen heute und in Zukunft auf der Erde und mit der Natur im Einklang sicher und gut leben können.

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