(Bild: Pauline Kaminski)

Pauline Kaminski hat ihren Masterabschluss im Bereich Hafenbau und Küstenschutz an der TU Hamburg gemacht. Neben dem Bachelorstudium war sie zunächst Werkstudentin in einer kleineren Baufirma und hat anschließend, während des Masterstudiums, bei der Hamburg Port Authority gearbeitet. Seit Sommer 2019 ist sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geotechnik und Baubetrieb an der TU Hamburg (TUHH) angestellt und beschäftigt sich dort hauptsächlich mit Fragestellungen der marinen Geotechnik. Hier findet ihr das LinkedIn Profil von Pauline.

Mein Weg zur Geotechnik

Ingenieurin zu werden war nach dem Abitur so ziemlich das Letzte an das ich dachte. Die Naturwissenschaften hatten mich in der Schule einfach nicht überzeugt. Wenn ich schon die freie Wahl hatte, wollte ich mich damit also auf keinen Fall weiter beschäftigen. Warum genau ich dann nach meinem Auslandsjahr dachte, dass ein Studium im Bauingenieurwesen      das Richtige für mich wäre, kann ich bis heute nicht sagen. Klar ist aber, dass es eine gute Entscheidung war, denn angefangen beim ersten Baustellenpraktikum hat mir bislang alles an meinem beruflichen Werdegang Freude gemacht.

Nachdem ich jahrelang Wassersport gemacht hatte und meine Freizeit während des Studiums rudernd auf den Wasserstraßen im Hamburger Hafen verbrachte, fand ich meine fachliche Komfortzone ziemlich schnell im Wasserbau und in der Geotechnik. Tide, Strömungsverhalten und Wellenlasten im Zusammenspiel mit Ufereinfassungen und anderen Hafenbauwerken erschlossen sich mir dadurch leicht. Als sich nach dem Studium die Gelegenheit zur Promotion in einem Themenbereich der marinen Geotechnik ergab, musste ich also nicht lange überlegen.

Lost in Translation: Geotechnik – Geologie

Ich bearbeite jetzt ein interdisziplinäres Forschungsprojekt, in welchem sich die TUHH in Zusammenarbeit mit dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung mit der Stabilität von      Kontinentalhängen beschäftigt. In diesem Rahmen nochmal in eine andere Fachrichtung reinschnuppern zu können, ist eine fantastische Chance, die mir im vergangenen Jahr sogar die Möglichkeit bot an einer Forschungsausfahrt auf der FS Meteor teilzunehmen. Geowissenschaftliche Forschung so hautnah zu erleben war spannend, denn sie beschäftigt sich, genauso wie die Geotechnik, mit Boden – aber irgendwie anders als wir das tun. Die beiden Fachrichtungen zusammenzubringen ist oft eine Herausforderung, aber dennoch wichtig und eine Notwendigkeit. Die Erschließung größerer Wassertiefen wird zukünftig an Bedeutung gewinnen und die Randbedingungen und maßgebenden natürlichen Prozessen in diesen Bereichen waren bislang ein geotechnisches Nischenthema. Um dem beizukommen, möchte ich im Folgenden einen kurzen Überblick über mein Forschungsthema geben.

Erdkunde-Grundkurs: wo findet man einen kontinentalen Hang?

Die küstennahen Meere sind – mit Unterschieden in der regionalen Topografie – in bis zu rund 200 km Entfernung vom Festland relativ flach. An tiefen Stellen erreichen wir hier ungefähr 500 m Wassertiefe. Wenn wir uns von hier aus weiter von der Küste entfernen, fällt der Meeresboden zuerst steil, später mäßig ab, bis wir in 3 – 4 km Wassertiefe auf der abyssalen Ebene angekommen sind. Dieser steile Teil zwischen einem Schelfmeer und der Tiefsee ist ein Kontinentalhang.

„Steil“ bedeutet in diesem Zusammenhang im Mittel 2° Neigung. Aus geotechnischer Perspektive ist eigentlich klar, dass β << φ und damit der Sicherheitsfaktor wahrscheinlich deutlich größer als 1 ist. Warum bedarf es hier nun aufwändiger Stabilitätsbetrachtungen? Weil die Kontinentalhänge versagen – in geologischen Zeitmaßstäben sogar recht häufig – und wir nicht verstehen warum. Im submarinen Bereich sind die Versagensausmaße unvergleichbar größer, als bei jedem Hangrutsch an Land. Die Menge an bewegtem Bodenmaterial kann mehrere Tausend Kubikkilometer umfassen. Welche Kraft dahinter steckt, wenn große Bodenmassen sich schnell unter Wasser bewegen, konnten wir zuletzt beim Kollaps des Anak Krakatau im Dezember 2018 beobachten, der einen Tsunami ausgelöst hat.

Mariner Boden und der Einfluss von Gas auf seine Scherfestigkeit

Die Böden an den Kontinentalhängen sind anders als an Land und auch anders als in den Schelfmeeren. Während die großen Partikel küstennah absinken, wird die Feinfraktion in küstenfernere Bereiche transportiert. An den kontinentalen Hängen findet man daher überwiegend Tone und Schluffe vor. Durch den verschwindenden Einfluss der onshore-Böden spielen die biologischen und chemischen Randbedingungen in größeren Wassertiefen eine stärkere Rolle. In Bodenproben aus der Nähe eines Hangrutschereignisses im Mittelmeer in rund 600 m Wassertiefe, welche im Labor des Instituts für Geotechnik der TUHH untersucht wurden, konnte festgestellt werden, dass Großteile der Feinsand- und Schlufffraktionen im Wesentlichen aus den kalkhaltigen Außenskeletten von Foraminiferen bestehen. Foraminiferen sind einzellige Lebewesen, die als Plankton in der Wassersäule, oder häufiger      benthisch am Meeresboden leben. In den untersuchten Proben liegen      die Gehäuse in den Größenbereichen der Feinsandfraktion, sind vielfach von runder Kornformen und haben einen geschlossenen Hohlraum, während der Grob- und Mittelschluffbereich aus deren scharfkantigen Bruchstücken besteht (siehe Abb. 1). Kornbrucheffekte, die zu grundlegenden Veränderungen der Partikeleigenschaften führen, treten schon bei sehr geringen Lasten auf. Zusätzlich spielen bei den vorliegenden Kalkgehalten > 50 % Zementierungseffekte eine Rolle. Diese Bodeneigenschaften mit den labortechnischen und numerischen Standardansätzen zu erfassen ist schwierig.

Abb. 1: Mikroskopfoto der Sandfraktion in Siebabstufungen mit 4-facher Vergrößerung (Bild: Paulina Kaminski)

 

Das Vorkommen von Gasen ist im marinen Bereich keine Seltenheit. Meist ist es Methan, das in Tiefen ab 10 m unter der Meeresbodenoberfläche durch anaeroben bakteriellen Umsatz von Organik entsteht oder aus tieferliegenden Erdgasvorkommen in flachere Bodenschichten migriert. In Sanden kann eine Gasphase unter vielen Umständen einen positiven Einfluss haben. Bei geringen Sättigungsgraden und atmosphärischen Drücken im Porengas entsteht Kapillarkohäsion und erhöht die Scherfestigkeit. Liegen hohe Sättigungsgrade mit einzelnen Gasblasen in einem ansonsten wassergefüllten Porenraum vor, kann durch die gasinduzierte Kompressibilität insbesondere unter zyklischer Last der Aufbau von Porenwasserüberdrücken gedämpft und ein Verflüssigungsversagen herausgezögert werden. Die Bildung einer Gasphase innerhalb eines vollgesättigten bindigen Bodens führt jedoch zu Störungen in der Bodenstruktur und beeinflusst damit die mechanischen Eigenschaften des Bodens meist negativ.

Ob Gas das Potential hat die Scherfestigkeit der marinen Sedimente soweit zu reduzieren, dass die Standsicherheit eines kontinentalen Hanges von 2° Neigung gefährdet wird, ist die wesentliche Frage des umrissenen Forschungsprojektes. Zu diesem Zweck habe ich ein Triaxialgerät entwickelt, mit dem eine Gasphase mit Eigenschaften analog zu den in-situ Bedingungen in die Bodenproben eingebracht werden kann. So kann der Einfluss verschiedener Gasgehalte auf die Scherfestigkeit untersucht werden.

Förderhinweis

Das Projekt „Investigation of gas migration as a triggering mechanism for submarine landslides on continental slopes” (GR 1024/35-1) wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert und am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung sowie am Institut für Geotechnik und Baubetrieb der Technischen Universität Hamburg ausgeführt.

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